Eines gleich mal vorweg: Wer leidenschaftlich ein Instrument spielt, hört niemals auf zu lernen.
Dieser Blog ist etwas persönliches, um euch als musikbegeisterte Menschen anzuspornen, zu motivieren wenn ihr es gerade nicht seid. Der Blog soll euch Mut geben wenn er euch fehlt und zeigen was ihr besser lassen solltet wenn ihr noch in eurer musikalischen Findungsphase steckt. Viele Wege führen nach Rom, aber es gibt eben auch den einen direkten Weg. Ich habe vieles getan und gelernt, worauf ich hätte verzichten können, bin Wege gegangen die nicht nötig waren und der vermutlich größte Fehler war, dass ich mir keine eindeutigen Ziele gesetzt habe. Ich wusste zwar immer, dass mir das Gitarre spielen unglaublich wichtig war, aber ich habe lange Zeit nicht erkannt wie wichtig bzw. was daraus eigentlich resultiert. Hier aber nun der Überblick wie ich den Weg vom Lernenden zum Lehrenden beschritten habe:
Musik hat mich immer berührt. Schon als kleiner Junge habe ich Lieder mitgesungen selbst wenn ich die Texte nicht kannte, begann zu träumen wenn mich ein Lied besonders ergriff und habe dazu in größter Freude getanzt wenn es mir gute Laune bereitet hat. Eines meiner absoluten Lieblingsinterpreten in jungen Jahren war Michael Jackson. Ein Perfektionist wenn es um Musik und dessen Darstellung ging. Besonders beeindruckend fand ich natürlich das Beat It Solo von Jennifer Batten unter dem Einsatz einer Pyros abfeuernden Gitarre. MEGA!
Mit Ankunft in der Pubertät war dann eigentlich alles schlecht, was erstens alle hören und zweitens was nicht rockt. Es begann sanft mit Die Ärzte und Toten Hosen, ging dann über Nirvana, The Offspring, Green Day und Co. über einen kurzen Abstecher zur Hardcore-Szene und schlussendlich zu ... na zu was wohl? Mäddl Leude! Auf meiner Reise bevor ich zum ersten mal eine Gitarre ergriff, sah ich Slash auf dem Flügel stehen und das Solo von November Rain spielen, ich sah Billie Joe Armstrong in die Saiten prügeln mit einem Gesichtsausdruck der alles bisher von mir gesehene in den Schatten stellte und kam aus dem Staunen bei Entre Dos Tierras nicht heraus als Enrique Ortiz de Landázuri sich neben einem schlagenden Pärchen im Schlamm wälzte. Welchen heranwachsenden Jungen konnte das und einiges mehr nicht faszinieren, frage ich mich heute.
Einige Bekannt- und Verwandtschaften gaben dann den letzten Anstoß, damit der 16jährige Björn einen bis dato jahrelangen Traum in die Tat umsetzte. Der glückliche Umstand, dass mein Cousin von seiner bereits zweijährigen Akustikgitarrenkarriere in der Musikschule absah und E-Gitarre lernen wollte, führte dazu, dass ich mit ihm gemeinsam von vorne beginnen konnte. Für mich der Beginn einer großen Ära und wahrscheinlich einer der wichtigsten Momente in meinem Leben. Nach einigen Jahren gemeinsamen Musikschulunterrichts und einer mehrjährigen Band, trennten sich unsere musikalischen Wege dann aber wieder. Ich war heran gewachsen in die Welt der Musik. Ich habe Gitarre spielen gelernt und mein musikalischer Wissensdurst war nicht zu sättigen. Ich kannte meine Schwächen aber sie waren mir egal. Ich wollte mehr lernen und mehr. Es gab nichts was ich nicht können und wissen wollte. Alles was ich mitnehmen konnte, habe ich aufgesaugt und war mir dabei nie zu schade etwas zu zeigen, dass nicht perfekt war. Ich habe einfach nur geliebt was ich getan habe und entweder es gefiel oder eben nicht. Bei all meinem Eifer darum so viel wie möglich mit zu nehmen, wurde ich dann ziemlich schnell von der Realität eingeholt. Alles irgendwie zu können, aber nichts so richtig, war dann spätestens im Zusammenspiel mit anderen alles andere als zielführend.
Rhythmusschwäche, kaum praktisch anwendbare Leadgitarrenkenntnisse, mangelhafte Riffideen und irgendwie ein ganz großes Fragezeichen wie es eigentlich die anderen machen... die Großen. Das war schon eine wirklich große Baustelle! Ich begann mit Übungen und effektiv Songs nach spielen. Keine schlechte Idee wie sich herausstellen sollte. Einfach mal Takt für Takt wirklich gründlich angehen, anstatt grob nach Gehör und Gelesenem zu spielen. Bis dahin war es mehr ein "passt schon". Nun hatte sich aber meine Einstellung geändert. Ich wollte es richtig und gut machen und nicht nur irgendwie. Eine gute Entscheidung. Nach wenigen Wochen und Monaten hat sich vieles verbessert und ich wusste nun genau woran ich arbeiten musste und ich arbeitete so leidenschaftlich mit Spaß an den Erfolgen, dass ich es nicht als Arbeit empfand. Eine perfekte Kombination - Arbeit ohne Arbeit aber mit Spaß.
Dennoch so ganz allein ohne fremde Hilfe ging es dann auch nicht. Ein damaliger Bandkollege (Musikstudent) verhalf mir zu einigen Gedankensprüngen. Harmonielehre? Gehörbildung? Wow! Interessant und abgefahren zugleich. Es gibt wirklich greifbare Zusammenhänge in der Harmonielehre, um sich beispielsweise sein Rezept für einen traurigen, dramatischen, fröhlichen, oder sonst wie gefühlsduseligen Song zu kochen. Umgekehrt kann man einen Song auf seine Wirkung analysieren in dem man sich genau die Zutaten des Songs anschaut. Das war unbeschreiblich faszinierend und die Unterhaltungen führten eher kurz als lang dazu, mich für die Aufnahmeprüfung an der Hochschule vorzubereiten. Ich nahm wieder Unterricht. Diesmal aber nicht nur für Gitarre, sondern explizit auch für Gehörbildung und Klavier. Also dreifach Unterricht. Gleichermaßen motivierte mich der eben erwähnte Kollege doch gleich auch Unterricht zu geben, denn die Erfahrungen wären später sicher wertvoll so meinte er. Gesagt getan! Nach knapp 10 Jahren des Gitarrenspielen-Lernenden stand ich nun zum ersten Mal auf der Seite des Gitarrespielen-Lehrenden.
Was soll ich sagen? Ernsthaft? Die erste Stunde war eine Katastrophe. Da saß ich nun als ungelernter und relativ unerfahrener Gitarrist und sollte jemandem etwas beibringen bei dem ich den Eindruck hatte, er war besser als ich. Er stellte mir Fragen, die ich selbst noch nicht so recht beantwortet bekam. Zweifel machten sich breit. Und trotzdem habe ich weiter gemacht, was sich bezahlt machte. Mit der Zeit wurde ich routinierter, ich bereitete Unterricht nach, fehlende Antworten wurden nach gereicht, Übungen und Songs habe ich selbst vorbereitend zum Unterricht gelernt. Damit habe ich meine eigenen Lücken geschlossen, während ich parallel weiter an auf meinem Level angepasste Übungen und Songs gearbeitet habe. Von Anfang an und viele Jahre habe ich den Unterricht, wie er heute immer noch standardmäßig gelehrt wird selbst abgehalten und habe mit Lehrbüchern nach Level des Schülers gearbeitet. Das macht den Unterricht zum einen relativ leicht, weil man sich selbst nichts ausdenken muss - alles liefert das Buch - und zum anderen bringt es die Schüler auf ein konkretes Level. Für meinen Unterrichtseinstieg hatte es zudem den Vorteil, dass ich erst mal Unterrichtsluft schnuppern konnte und ich nicht gleich mit den ultimativen Fragen wie heute gelöchert wurde. "Was sind Modes und wie wende ich sie an?" oder "wie erzeuge ich eine anständige Homerecording-Version meines Songs?"
Aber nun noch mal kurz zurück zu mir als Lernenden. Ich gab nun auch Unterricht, ok, aber wo stand ich eigentlich musikalisch für mich? Der Unterricht ging immer mehr Richtung Akustikgitarre, woran ich zwar Freude hatte, aber da kam ich nicht her. Ich habe in meinen vier Wänden immer gerockt und wollte laut sein. Meine damalig aktuelle Band machte mir passiv deutlich, dass ich in den Punkten Anschlag, Timing, Solo und Theorie immer noch einige Defizite aufwieß. Ich probierte die kuriosesten Möglichkeiten die Saiten anzuschlagen, um heraus zu finden wie es für mich am einfachsten und effektivsten ist und gewöhnte mir zunächst eher schlechte Anschläge an. Ich beschäftigte mich viel mehr mit Recording, um endlich mit einem programmierten Schlagzeug zu üben. Es dauerte ewig! Im Punkto Solo und Theorie verhalf mir der Unterricht und das Studium. Ich war gefühlt aber immer noch nicht da angekommen wo ich hin wollte. Was ist mit Techniken wie Tapping, Sweeping, Speedpicking, Legato? Kannte ich, wollte ich, aber konnte ich noch nicht so wie ich wollte. Da half nur eins: Ein Experte in Sachen Rock und Metal! Ein Vollprofi. Ein Erfahrener! VS (aus datenschutzrechtlichen Gründen gekürzt)
Als Lehrender habe ich mich nach einigen Jahren des Unterrichts an einem pädagogischen Wendepunkt gesehen. Ich wollte nicht mehr nach einem Buch unterrichten. Ich wollte individuell auf die Schüler eingehen. Sie sollten lernen was sie wollten, anhand der Songs die sie hören und nicht was ein Buch ihnen vorgibt. Sie sollten lernen wie ich Gitarre spielen gelernt haben wollte. Mit der MetalAcademy setzte ich dann diesen Plan in die Tat um und er ging auf. Seit nun drei Jahren lernen die Schüler der MetalAcademy ihre Lieblingslieder nach einem individuell ausgefeilten Konzept. Die Herausforderung und die Arbeit ist groß, aber die heran wachsenden Erfolge zu sehen, versetzt mich jedes mal zurück und das ist der Grund warum ich diesen Beruf so liebe.
Insgesamt bin ich einen sehr komplexen Weg gegangen um dort zu stehen wo ich heute stehe. Es gibt natürlich nicht die eine Antwort wenn es ums Gitarre spielen geht. Welches Plektrum, welche Saitenstärkte, welche Gitarre und und und. .. Die einzige richtige Antwort auf all diese Fragen ist: Fühl dich wohl und bleib entspannt dabei. Fühlst du dich nicht wohl, dann ändere die eine Sache, die dir Unbehagen bereitet. Setz dir aber auch immer konkrete Ziele. Dabei ist egal ob du dich als Hobbygitarrist siehst oder Großes vor hast. Auch ein bestimmtes Riff einer Band innerhalb eines halben Jahres zu lernen ist ein Ziel. Das ist ok. Wenn dein Bedarf jedoch bei einer bestimmten Technik liegt, z.B. Wechselschlag ( the most important thing at all), dann hol dir Hilfe und schaue nicht ein Video nach dem anderen. Ja, auch ich habe das getan. Das war verschwendete Zeit. Einmal sagte ein befreundete Gitarrist zu mir: "Jetzt lass uns doch mal spielen, statt Videos zu schauen. Es macht doch mehr Sinn zu spielen, als sich anzuschauen wer was alles kann." Wie trivial, nicht wahr? Das ist mein Nr.1 Tipp für euch: Lasst YT und Co. sein und beschäftigt euch mit euch selbst. Spielt Gitarre. Übt und ihr werdet besser werden als alle die jeden Tag ein oder mehrere Videos drehen müssen.
Während der Zeit die ich mittlerweile die Gitarre lehre, bin ich auf neue unerwartete Herausforderungen gestoßen. Meine größte Herausforderung war zu begreifen, dass es Schüler gibt die sich nicht mit dem gleichen oder überhaupt vergleichbaren Engagement an die Gitarre setzen wie ich. Das es Schüler gibt die zwar Gitarre spielen wollen, aber relativ schnell an einem Punkt kommen wo sie sagen: "Moment mal, das will ich nicht. Das interessiert mich nicht." Theorie? Noten? Übungen? "Was? Ich soll mehrere Stunden in der Woche spielen? Pfff". Für mich war es zunächst undenkbar, dass es sowas überhaupt gibt. Als ich damit konfrontiert wurde, konnte ich dafür unmöglich Verständnis aufbringen. Wie konnte jemand sagen, der Gitarre spielen lernen möchte "ich will diesen Bereich nicht", der doch eigentlich fundamental zum großen Ganzen dazu gehört? Nun so ist das eben einfach. Damit richte ich mich nun mal an meine Kollegen. Ihr habt seit eurer Kindheit Musik gemacht, habt Stunden im fünfstelligen Bereich mit eurem Instrument verbracht. Für euch ist es alles, klar. Nun stellt euch aber mal vor ihr hättet nicht mit dem Instrument begonnen. Ihr hätten beispielsweise stattdessen Sport gemacht, habt nach der Schule einen Beruf gelernt, der nichts mit Musik zu tun hat. Ihr hättet vielleicht geheiratet und Kinder und nun wollte ihr nach Jahren mal einfach was für euch tun. Einfach mal jede Woche etwas raus kommen, neuen Input sammeln, mal einfach nur was anderes machen was ihr schon lange wolltet. Ihr hättet gar keine Zeit euch mit der Intensität mit dem Instrument zu befassen und das wäre auch vollkommen ok, denn es ist ja nur ein kleiner Ausgleich nebenbei. Es macht nicht euer Leben aus. Vielleicht geht es auch hauptsächlich nur um die Unterhaltung mit euch als sympathischen Musiker, ob ihr dabei was lernt ... egal. Das trifft auch nicht nur auf gestandene Personen zu, es gib Menschen jeden Alters, die ihre Prioritäten legen und wenn ein 14jähriger wochenlang nicht lernt, kann es trotzdem sein, dass er Spaß am Instrument hat. Verabschiedet euch von dem Glauben, dass nur euer Weg der Richtige ist. Ja, nur mit viel Fleiß und Lernen kommt man dahin wo ihr steht, aber viele wollen da gar nicht hin.
Mein Fazit? Vom Lernenden zum Lehrenden. Vom einen der nie aufhört zu lernen, zum anderen, der eigentlich auch nur den ersten beinhaltet. Es kommt eben nur der pädagogische Aspekt dazu - Lernen wie man am besten lehrt, was man schon gelernt hat. Beides macht Spaß - spielen und lehren - aber sollte doch sehr getrennt betrachtet werden. Wer gut spielt ist noch lange kein guter Lehrer und umgekehrt. So oder so, lernen wir immer dazu. Und ich? Ich lerne immer noch dazu. Ich kann viele Dinge noch nicht gut, oder zumindest nicht gut genug wenn es nach mir geht, aber selbst ist man ja eh immer am kritischsten. Was sich nach nun über 20 Jahren Spielerfahrung, einem abgeschlossenen Studium und vielen erfolgreichen Jobs ergeben hat, ist das Selbstbewusstsein zu wissen, dass ich alles lernen kann. Manche Dinge brauchen nur ein wenig länger. Bleibt dran und es wird sich bezahlt machen. In diesem Sinne: Lasst euch nicht unter kriegen. Es geht weiter. Musik machen ist nicht für die Talentierten und Begabten, sondern für die die fleißig sind und ihre Chancen nutzen.
Stay tuned.